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Wenn dem Literaturblogger die Leselust vergeht

Das hier wird wohl einer meiner persönlichsten Einträge, die ich auf diesem Blog je geschrieben habe, und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so richtig wo ich überhaupt anfangen soll. 
Bevor ich das Fenster "neuer Beitrag" geöffnet habe, habe ich ein wenig über mich selbst und meine Aktivität hier auf dem Blog recherchiert. Und das Ergebnis hat mich erschreckt, wenn auch nicht überrascht.

Meinen letzten Beitrag hier habe ich am 20. Oktober veröffentlicht. Einen Beitrag, über ein Buch was ich bekommen habe weil ich mich von der Meinung anderer habe tragen lassen, ohne wirklich auf mich zu hören. Ein Buch, was mich überhaupt nicht berührt hat, und was ich nach wenigen Seiten auch wieder weggelegt habe. Ein Buch, was ich in diesem Beitrag dann ungelesen verlost habe. Ein sehr emotionsloser Beitrag, der meine Geschichte aber irgendwie dennoch wiederspiegelt. Keine Lust zu lesen, keine Lust mich auf diese Geschichte einzulassen, keine Lust es überhaupt zu versuchen.

Mein letzter Beitrag, der mir wirklich was bedeutet hat, den ich wirklich aus Überzeugung geschrieben habe, ging am 17. Juli online. Das sind nun sogar schon 233 Tage, die seitdem vergangen sind. Und selbst darin schreibe ich darüber, dass ich keine Lust auf lesen hatte, dass ich mich im Urlaub zwar dazu aufgerafft habe, aber dass mein letztes wirklich "freiwillig" gelesenes Buch aus Mai 2017 war..... Das ist nun 10 Monate her. 


10 Monate.
10 Monate, in denen ich nichts mehr wirklich gelesen habe. In denen ich mich zum Lesen zwingen musste. Unter diesem "Zwang" habe ich zwei Bücher gelesen, die mich wirklich gepackt haben. Und ein paar wenige, die ich nur beendet habe, um sie auf eine Liste schreiben zu können. Nichts davon habe ich gelesen, weil ich wirklich Lust dazu hatte, weil ich auf dem Sofa lag und dachte "Und jetzt ein gutes Buch...."

Meine Social Media Kanäle sind voll von Freunden und Bloggern die Lesen, die neue Bücher präsentieren, die andere mit in ihren Flow ziehen, die begeistern. Sie berühren die Leserwelt, sie nehmen sie mit auf eine Reise in die literarische Welt, sie machen einem das Lesen schmackhaft.
Das Beste Beispiel dafür sind die Kommentare von Nadja, die ich regelmäßig sowohl auf Facebook unter Buchposts als auch in unserer buchigen Whatsapp Gruppe lese: 

"OH MEIN GOTT, HÖR AUF MIR WAS ZU EMPFEHLEN, MEIN SUB EXPLODIERT SOWIESO SCHON!!!"

Und am Schlimmsten für mich ist die Gewissheit: Ich war auch mal so.
Aber es lässt mich völlig kalt.
Ich habe keine Lust auf Lesen. Ich kann mich nicht dafür begeistern. Ich gehe an Buchläden vorbei, ohne dass ich den Drang verspüre hinein zu gehen. Ich stöbere bei Amazon nach Dingen und wenn mir ein Buch vorgeschlagen wird, klicke ich völlig emotionslos weiter.
Am Freitag war ich in einer Buchhandlung, bin durch die Gänge gestrichen und hatte nicht mal das Bedürfnis ein Buch zu berühren. Nichts sprach mich an. Ich habe zum ersten mal in meinem Leben eine Buchhandlung verlassen OHNE auch nur einen Cent ausgegeben zu haben.
Und ich war nichtmal traurig darüber.

Ich frage mich: Wird das jetzt so bleiben?

Ich habe ganz oft darüber nachgedacht Nadja diesen Blog hier zu überlassen und mich selbst rauszunehmen und mich zu verabschieden, schreibe ich doch sowieso nichts mehr, bin ich keine Unterstützung mehr, und lese ich auch keine anderen Blogs mehr. 

Ich habe den Bezug zu den Buchbloggern, zur Blog-Liebe und vorallem zu den Büchern verloren. 

Aber wie ist es überhaupt dazu gekommen? Warum lese ich nicht mehr? Wann habe ich damit aufgehört?
Erst schob ich es darauf, dass ich so viel nähe, so viel kreatives Zeug produziere, und da ich ein Haus, einen Ehemann, zwei Kinder, einen Job und das Nähen habe, blieb einfach keine Zeit mehr für Bücher. Ich musste mich entscheiden, und ich habe lieber genäht als zu lesen. 
Aber auch das Nähen habe ich im November "aufgegeben". Nicht freiwillig, aber ich hatte plötzlich einfach keine Lust mehr. Ich wollte nicht mehr nähen, ich hatte keinen Spaß mehr daran. 

Mir wurde alles zu viel. 

und dennoch habe ich nicht wieder angefangen zu lesen. Wenn ich ein Buch in die Hand nehme, berührt es mich nicht. Ich empfinde es als wahnsinnig anstrengend mich darauf zu konzentrieren. 

Und das ist wohl mein Hauptproblem.

Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Neben mir plärren Kinder, dudelt der Fernseher, trötet mein Handy. Meine Gedanken drehen sich um alles, aber nicht um Bücher. Manchmal muss ich eine Stelle 10x lesen und weiß immernoch nicht was da steht, weil ich in Gedanken schon wieder bei morgen bin, bei Terminen und Meetings auf der Arbeit, bei Listen die geführt werden müssen, bei Dingen die ich einfach nicht erledigt habe. 
Mein Kopf ist nie leer. Nie frei.

Und denke ich nicht über die Arbeit nach, dann denke ich über alles mögliche andere nach.

Mein Leben ist keine Katastrophe. Aber irgendwie besteht es aktuell aus hunderten von privaten und arbeitstechnischen Baustellen, die mir einfach keinen Raum für Bücher lassen.

Gestern Abend gab es eine Situation, die mich dazu bewegte, diesen Eintrag hier zu schreiben.
In einer Facebook Gruppe ging es um eine Neuerscheinung, und dass gefühlt alle dieses Buch aktuell lesen.
Ich kommentierte das ganze mit:

Ich kenne das Buch nicht mal............

Bis... 
ja...
bis...


Als Nadja schrieb, dass ich das Buch doch bekommen haben müsste hatte ich schon getippt: Nee, hab ich nicht bekommen. Kurz bevor ich es absenden konnte, dachte ich mir: Bevor du das jetzt schreibst, guck erstmal....
Auf dem Bücherstapel im Wohnzimmer lag es nicht und ich fühlte mich schon bestätigt. Aber dann ging ich ins Bücherzimmer, und mitten im Regal auf dem "zum einsortieren Stapel" (unnötig zu erwähnen dass ich auch schon seit gut einem Jahr die Bücher nur noch stapel anstatt sie ins Regal zu stellen...) lag es dann. Ich hab das Cover noch nie bewusst gesehen. Ich hab den Titel noch nie bewusst wahrgenommen. 

Und DAS war der Moment wo ich mir dachte: Was tust du hier eigentlich? Wann ist das passiert??????


Ich würde so gerne in die Bücherwelt zurückfinden. Ich möchte so gerne wieder abtauchen, wieder in Geschichten aufgehen, für sie und in ihnen leben.

Ich weiß nicht, ob ich das irgendwann wieder kann. Vielleicht wenn in allen Bereichen mal wieder Ruhe einkehrt.

ich möchte diesen Blog hier nicht verlassen, ist er doch unser gemeinsames Baby und liebe ich ihn doch so sehr.

Dieser Beitrag ist eine Entschuldigung. Eine Entschuldigung an die Verlage, deren Rezensionsexemplare als Überraschungspost bei mir liegen und aktuell keine Würdigung finden. Eine Entschuldigung an die Leser unserer Seite, die jetzt nur noch die Hälfte der Beiträge bekommen, weil ich grade einfach nicht in der Lage bin mich hier zu integrieren. 

Aber in erster Linie ist es eine Entschuldigung an meine beste Freundin, Schwester von anderen Eltern und meinem Seelenzwilling. Es tut mir leid, dass ich dich mit all dem hier alleine lasse und du hier die doppelte Arbeit hast. Dass unser gemeinsames Baby, unser Herzensprojekt, nun von mir so vernachlässigt wird. 

Es wird besser werden.
Ich komme wieder.
Irgendwann.

Eure

Kommentare

  1. Hier klopft wohl ein klassischer Burnout an die Türe - vergiss über all Deinen vielen Dingen Dich selbst nicht. Lesen/bloggen ist nicht wichtig, DU bist wichtig.

    LG Babsi

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    1. Dachte ich mir auch je weiter ich in den Beitrag eintauchte... Ich würde unbedingt zu handeln empfehlen.

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  2. Das kann ich voll und ganz nachvollziehen! Ich habe tatsächlich auch eine mehrjährige Lesepause eingelegt (ist schon was her) und habe mich mit anderen Dingen beschäftigen wollen. Es ist und bleibt ein Hobby. Und Hobbys sollten - nein - dürfen nicht zur Last werden. Und oftmals wirkt eine Auszeit Wunder!

    Ich habe meinen Weg zurück zur Belletristik übrigens über Hörbücher und Graphic Novels gefunden ...


    Viele liebe Grüße
    Der Büchernarr Frank

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  3. Hallöchen,

    mir geht es da ähnlich gerade. Ich habe meine Auszeit allerdings bereits hinter mir und bin gerade auf dem Weg was zu ändern (sobald meine Grippe vorüber ist, geht es auf dem Blog auch weiter). Rezensionsexemplare kürze ich noch weiter ein als vorher bereits. Während ich vorher ja gesagt habe, wenn es mir besonders ansprach, muss ich jetzt schon richtig Lust drauf haben, um noch zuzusagen. Des Weiteren miste ich gerade ordentlich das Buchregal aus. Es hat sich viel zu viel angesammelt über 4,5 Jahre, was ich wohl niemals nie lesen werde. Weg damit. Und es ist unheimlich befreiend.

    Liebe Grüße
    Sarah von Books on Fire

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  4. Das kann ich nur allzu gut nachvollziehen, denn ich habe diese Zeit auch hinter mir. Bei dir klingt es nach Burnout / Stressdepressionen, bei mir waren es Depressionen durch eine Trennung.
    Befrei dich erst mal von dem schlechten Gewissen, das musst du absolut nicht haben. Es ist dein Leben und du musst tun, was dir gut tut. Und vielleicht werden das irgendwann wieder die Bücher sein und das Bloggen oder auch das Nähen. Aber im Moment wünsche ich dir einfach nur, dass du wieder zur Ruhe kommen kannst und dann scheint auch bald wieder die Sonne!
    Ganz viele liebe Grüße,
    Angi

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  5. Puh, das ist ja doch ganz schön krass, eine sooo lange Zeit ohne Bücher. Ich verstehe dich, bi mir sieht es ähnlich auch. Kinder, Hausbau, Vollzeitjob - ich greife abends auch immer seltener zum Buch und muss mir Lesezeit wirklich bewusst nehmen.
    Ich drücke dir aber die Daumen, dass du deine Motivation zu Lesen irgendwann wiedergewinnst. Und ich glaube, jeder hier hat Verständnis, wenn auch mal weniger bis nichts auf dem Blog kommt.

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  6. Hach ja, heftig :-/
    Aber ganz ehrlich: da steckt noch mehr dahinter als nur eine Leseflaute oder -unlust... ich glaube du musst allgemein mal raus und Abstand gewinnen... mach dir um den Blog und die Bücher erstmal keine Gedanken mehr, sondern eher darum, was dir gut tun könnte...

    LG von Steffi E.

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  7. Das klingt aber echt schon heftig. Ich kann verstehen, dass du dich nicht ganz rausnehmen willst, weil es euer gemeinsames Baby ist, aber ich weiß nicht so recht, ob das die richtige Entscheidung ist. So wie du die Situation gerade schilderst, hört es sich für mich danach an, dass das eher eine Sache von vielen Jahren wird. Haus, Ehemann, Job und zwei Kinder sind aber auch wahrlich genug um den Tag auszufüllen. Ich denke, es ist da nur normal, dass deine Prioritäten komplett anders liegen.

    LG, Moni

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  8. Also ich würde gar nicht wollen, dass Steffi sich jetzt komplett hier raus nimmt und offiziell sagt, dass ich hier alleine bin.
    Sie hat immer noch die selben Rechte hier oder auf Facebook einen Post zu verfassen und wenn sie die Lust überkommt das zu tun dann soll und kann sie das gerne machen :)
    Ich glaub es geht eher darum, dass sie sich selbst den Zwang nimmt hinter der Sache. Die ständigen Gedanken, dass sie aber doch was lesen MUSS, was Posten MUSS.
    Diese Gedanken sind jetzt weg. Und wenn sie dann ganz von selbst den Drang fühlt ich mitteilen zu wollen dann ist und bleibt das eben auch ihr Blog.

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  9. Huhu du,

    ich kann dich voll und ganz verstehen!! Manchmal ist das einfach so. Ich kenn das von mir selbst. Es gibt Zeiten, wo man nicht den Kopf frei hat für seine Hobbys, in denen anderes mehr Raum ein nimmt. Doch wenn man sich selbst den Druck nimmt, lesen und bloggen zu müssen, freut man sich irgendwann wieder drauf.
    So war es zumindest bei mir. Dann kommen vielleicht nicht die 5 Beiträge pro Woche wie früher, sondern nur einer in zwei Wochen. Aber der ist dann voller Herzblut.
    Lass den Kopf nicht hängen, das wird schon wieder. Lass dir das von eurem Führer gesagt sein ;)

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