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*Rezension* Scherbenmädchen - von Liz Coley


Angie kommt vom Zelten mit ihrer Pfadfindergruppe nach Hause. Sie ist 13 Jahre alt. Woher sie ihre Kleidung hat, weiß sie nicht. Wie sie nach Hause gekommen ist auch nicht. Ihre Eltern machen Gesichter, als hätten sie einen Geist gesehen. Und was sie ihr dann erzählen, grenzt für Angie an das Unmögliche: Sie soll 3 Jahre lang verschwunden gewesen sein, entführt bei diesem Zelten, von dem sie dachte dass sie bis gerade eben noch dort gewesen wäre. Sie ist nicht mehr 13, war 3 Jahre lang nicht in der Schule, hat ihre Freunde nicht gesehen. Doch wo war sie? Was ist mit ihr geschehen? Sie selbst kann sich an NICHTS erinnern. Bis diese Psychologin, der sie sich anvertraut, plötzlich eine Diagnose stellt: In Angie schlummert nicht nur sie selbst, sondern eine Reihe weiterer Persönlichkeiten, die alle im Wechsel die letzten 3 Jahre ihren Körper übernommen haben - und ihr damit das Leben gerettet haben.


Anfangs hatte ich keinen blassen Schimmer, was mich in diesem Buch erwarten wird. Ich hatte es innerlich mit der "Gelöscht"-Trilogie verknüpft, und war umso erstaunter, dass plötzlich das Wort "THRILLER" auf dem Cover prangte, als ich es in den Händen hielt. Thriller? Das ist doch eigentlich so gar nicht mein Ding... Also hab ich es erstmal an Seite gelegt, bis meine Freundin mir sagte "Nun aber! Das hat doch nur 320 Seiten, das hast du doch schnell durch!"
Also begann ich gestern abend mit dem Lesen... Und legte es erst wieder aus der Hand, als ich fertig war. Und alles was ich zu sagen habe ist: OH. MEIN. GOTT.
was war das denn bitte?????? Ich schwöre, dieses Buch hat in mir auch eine ganz eigene Persönlichkeit erweckt, die mich durch dieses Buch begleitet hat!

Direkt schon im Prolog wird man in eine Situation geschmissen, die spannender nicht sein könnte, und in der man sich drei Dinge wünscht:
1. das man schon am Ende des Buches wäre, um zu wissen, wie es dazu gekommen ist
2. dass der Stil und die Spannung dieser ersten zwei Seiten bitte noch weitere 318 Seiten andauern soll, weil es so genial ist, dass man davon gar nicht genug bekommen kann
3. dass es, wenn Punkt zwei erfüllt wird, bitte niemals enden soll!

Dieses kleine Mädchen steht plötzlich im Hausflur, unwissend. Auf sei prasseln die Emotionen der Umstehenden nur so ein. Sie kämpft im Laufe des Buches nicht nur mit sich selbst und ihren Erinnerungen, sondern auch mit weiteren Persönlichkeiten, die in ihr drin sind, mit den Gefühlen und Problemen ihrer Eltern, ihrer Freunde, ihrer Familie, der Polizei, der Nachbarn. Alle wollen möglichst alles richtig machen, und dabei will Angie eigentlich nur eins: So tun, als sei nichts gewesen. Sie ist wieder da, und das ist doch gut so. Oder etwa nicht? Wäre es für ihre Eltern besser gewesen, sie sei tot und nicht wieder zurückgekehrt?

Mich hat besonders erstaunt, wie gefühllos sie selbst mit ihrer Situation umgegangen ist, und wie gefasst sie war, als sich alles aufklärte. Auch erschien sie mir zu jederzeit sehr klar im Kopf. Es wurde immer betont, dass die Persönlichkeiten sich entwickelt hatten, um sie zu schützen, weil sie selbst mit diesen Situationen niemals hätte umgehen können, weil sie sich dann vermutlich selbst das Leben genommen hätte. Doch warum ist es ihr dann plötzlich so "egal", als sie es - nur drei Jahre später - in geballter Ladung erfährt? Das klingt vermutlich jetzt sehr negativ, aber das ist es gar nicht, denn das hat das Buch ausgemacht.

Dieser Jungendthriller ist sehr anspruchsvoll. Die Sprache ist zwar der Zielgruppe angemessen, in der Wortwahl nicht schwer zu verstehen, allerdings muss man hier wirklich alle Sinne beisammen halten und darf sich keinen Moment der Unkonzentriertheit erlauben, sonst hat man den Anschluss verpasst.

Die Autorin hat in mir stets die passenden Bilder geweckt, mir ein Kribbeln in den Magen geschickt, wenn es spannend wurde, mir eine Gänsehaut gezaubert, wenn es nötig war. Es war, als sei ich ein stiller allwissender Beobachter. Ich hatte nie das Bedürfnis mich mit der Protagonistin zu identifizieren, und war dennoch eine Art beste Freundin, die alles über sie wussste.

Und dann hat mich das Buch erst wieder ausgespuckt, als ich alles wusste, als alles aufgeklärt war, als alles ein durchaus logisches Ende hatte.
Mir hat besonders gut gefallen, dass alles aufgeklärt wurde und zum Ende gebracht wurde, ohne aufgesetzt zu wirken. Ich hatte nie das Gefühl, dass man jetzt zwanghaft versucht eine Auflösung herbeizuführen, sondern es hat alles Sinn gemacht.
Es war nicht in allen Facetten überraschend, manche Dinge konnte man wirklich schon sehr frühzeitig erahnen, allerdings hat die Autorin geschafft mich immer noch bis zur gewissen Aufklärung zweifeln zu lassen, ob mich mein Gefühl dort nicht getrübt hätte.

Ich kann diesen Jugendthriller nur wärmstens empfehlen - ein wahnsinnig gutes Buch. Mit Abstand das Beste, was ich in diesem Jahr bisher gelesen habe!

Ich bedanke mich herzlich bei One (Bastei Luebbe) für dieses Rezensionsexemplar und vergebe 5 von 5 Schmetterlingen und eine deutliche Leseempfehlung!


Kommentare

  1. ich habe das buch gelesen und kann diese Meinung nur unterstützen.Es ist total genial ICH LIEBE ES

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